Es gibt nichts Neues unter der Sonne, aber ist das ein Grund, den Mund zu halten?

Mittwoch, 23. Februar 2011

Alle Zeit der Welt

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat Zeit. Viel Zeit, alle Zeit der Welt. Das Kind ist eh im Brunnen, Hartz IV im verfassungswidrigen Zustand und fünf Euro sind für die Damen und Herren, die da wieder die Nacht zum Tag gemacht haben, eh kein Geld, allerhöchstens ein Trinkgeld.

Ich will jetzt lieber nicht über die Frage nachdenken, ob es vielleicht doch Vampire gibt, Teilzeitvampire, oder weshalb unsere Politiker immer wieder den Eindruck lichtscheuen Gesindels erwecken, das nimmt dem Ganzen etwas zu sehr den Ernst. Aber irgendwie...

Ich frage mich, wieso ein großer Teil der Finanzierung wieder nicht aus Steuermitteln, sondern entweder durch eine Erhöhung der Arbeitslosenversicherung oder durch eine Verschlechterung ihrer Leistungen erfolgen soll. Die Bundesregierung bezahlt den Kommunen die Grundsicherung im Alter. Das Geld kommt aus dem Bundeszuschuss für die Arbeitslosenversicherung. Also finanzieren die Arbeitslosen dann die Wohltaten der Bundesregierung, damit die Kommunen UschiBild™, das garantiert unterfinanzierte Reit- und Geig-Paket, "bezahlen" können.

Außerdem müssen wir Deutschland am Hindukusch verteidigen und Stuttgart 21 bauen. Da können die Arbeitslosen schon mal ein paar Opfer bringen. Deshalb dürfen sie jetzt schon nach einem Jahr die Segnungen von Hartz IV voll auskosten, das Übergangsgeld wurde abgeschafft.

Warum sollten sie dann nicht auf ein paar Umschulungen verzichten? Als vor Jahren schon die Dauer von Berufsbildungsmaßnahmen auf zwei Jahre beschränkt wurde, mit wenigen Ausnahmen, hat ja auch keiner geschrien.

Dafür schreien die Deutschen: Die kriegen ja noch zu viel, die ruhn sich doch nur aus, die sind faul, die sind bildungsfern... Das freut einen befreundeten Ingenieur immer besonders, der durch Burn out in Hartz IV gelandet ist und genau weiß, dass er nie im Leben wieder voll arbeiten kann. Eine nahe Verwandte, Personalreferentin in leitender Position in einem großen Konzern, sagte mir in diesem Zusammenhang, dass nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit keine Einstellungschancen mehr bestehen, denn die Einarbeitung würde zu lange dauern. Tja, sind die Arbeitslosen selbst schuld, was bleiben sie so lange zu Hause. Können ja putzen gehen. Wenn sie nicht überqualifiziert sind, natürlich.

Aber warum keine Grundsicherung im Alter aus Steuermitteln? Es geht nicht.
Wir haben keine Vermögenssteuer mehr, keine Börsenumsatzsteuer, keine Gewerbekapitalsteuer, der Einkommenssteuerspitzensatz ist von 53 Prozent auf 45 Prozent gesunken (also bei einer Millionen zu versteuerndem Einkommen zahlt man jetzt jährlich 80 000 Euro weniger als 1994, das reicht sechs bis acht Jahre für einen ALGII-Empfänger), die Körperschaftssteuer ist von 45 auf 25 Prozent gesenkt worden, die Einkommenssteuer darf um die Gewerbesteuer verringert werden und Kapitaleinkünfte werden mit einer Steuer von 25 Prozent abgegolten. Das alles wurde seit 1991 nach und nach Gesetz.


Deutschlands Geldelite ist in weiten Teilen asozial und beteiligt sich dank willfähriger Politiker immer weniger an der Finanzierung des Gemeinwesens. Wenn dann bei den Schwächsten Probleme auftreten, werden diese dafür auch noch beschimpft. Ist eine Unterstützung (Verfassungsgerichtsurteil, Bildungsprobleme) der Schwächsten gar nicht mehr zu umgehen, müssen andere Schwache dafür bluten.

Anscheinend wird aber die Entscheidung, wer diesmal dran ist mit blechen, jedesmal schwerer. Aber es glaube niemand, irgendwann wäre gar nichts mehr zu holen. Denn dann kann man noch nach Afrika oder Asien blicken und wieder einmal feststellen, wie gut es unseren Armen doch geht.

Dann nehmen die sich nicht mehr so wichtig. Und es ist wieder alle Zeit der Welt für das Aushandeln der nächsten Gemeinheit.

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